Die Talsohle hat die Wiener Hotellerie wohl durchschritten. Gäste kommen kurzfristig.
veröffentlicht am 28.04.2022 auf www.wienerzeitung.at
Viele Hotels in Wien haben die Pandemie und ihre Folgen nicht überstanden. Neuestes Beispiel ist das prominente Designhotel "Das Triest", das mit 10. Mai seine Pforten schließt. Dabei waren es bisher vor allem die kleinen Betriebe und Familienunternehmen, die sich nicht über Wasser halten konnten, erklärt Dominic Schmid, Fachgruppenobmann der Wirtschaftskammer Wien.
Neustart statt Krisenmodus
Die Nächtigungszahlen steigen zwar langsam wieder, die Lage in den Städten, insbesondere in Wien ist aber weiterhin angespannt. Mit dem Krieg in der Ukraine geht eine massive Teuerungswelle einher. Dazu sorgt der herrschende Fachkräftemangel in der Hotellerie und Gastronomie für Kopfzerbrechen. Summa summarum: Die Bedingungen für die Branche könnten besser sein; allerdings auch deutlich schlechter.
Norbert Kettner, der Geschäftsführer des Wien Tourismus, bezeichnet die derzeitige Lage daher als "Restart" und verweist im Gespräch auf die notwendige Abgrenzung bei reinen Zahlenvergleichen.
Man kann die Ist-Situation nicht mit dem Niveau vor Corona vergleichen.
Matthias Winkler, Chef des Traditions- und Luxushotels "Sacher", sieht das ähnlich:
"Ja, wir können bestätigen, dass sich der Städtetourismus, wie auch schon in vorherigen Krisen, wesentlich langsamer erholt." Die Ursache liege darin, dass sich die Zielgruppe - anders als in den österreichischen Ferienregionen - auf wesentlich internationaleres Publikum konzentriere. "Allein in unserem Hotel stammen die Gäste aus mehr als 70 Nationen. Das heißt, für den Tourismus in der Stadt ist eine globale Reisetätigkeit eine erforderliche Notwendigkeit. Die Tatsache, dass viele Teile von Asien noch komplett vom Reisemarkt ausgeschlossen sind und auch amerikanischen Touristen fehlen, ist deutlich spürbar für uns."
Nach Deutschland sind die USA der zweitwichtigste Markt für die Wertschöpfung des Wien Tourismus, gefolgt von China. Das signalisiert: Wien braucht die Fernmärkte, um gut wirtschaften zu können. Reisende aus Österreich reichen nicht aus.
Noch keine Erholung, aber . . .
Dass die Erholung der Branche aber auch sehr rasch gehen kann, zeigt die Entwicklung des vergangenen Jahres. "2021 hat mit bis zu 60 Prozent des Vorkrisen-Niveaus bewiesen, dass Städtetourismus schnell zurückkommt, wenn die Rahmenbedingungen passen", so Norbert Kettner von Wien Tourismus. Während voriges Jahr neue Flugstrecken zwischen Israel und Wien für Erholung sorgten, hofft man heuer auf ähnliche Prozesse. Denn: Mit 2022 werden weitere Verbindungen am Schwechater Flughafen bedient. Darunter sind Langstreckenflüge zwischen den USA, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Tokio. Neueröffnungen in der Kultur und am Hotelmarkt sorgen für weitere Pluspunkte der Stadt. Unlängst hat exemplarisch das Luxushotel "The Leo Grand" in der Innenstadt eröffnet.
Auch bei den aktuellen Buchungszahlen ist ein leicht positiver Trend ersichtlich. "Ostern war ein gutes Beispiel für das restliche Jahr", erläutert Winkler. "Wir konnten gut 60 Prozent des normalen Geschäftsjahres (verglichen mit 2019) machen. Sprich, wir sehen durchaus eine langsame Erholung."
Ähnlich und doch anders
Marktforschungsergebnisse zeigen, dass sich die Urlaubspräferenzen trotz Pandemie nicht geändert haben. Was aber sehr wohl abweicht, ist das Buchungsverhalten per se. Dieses ist mittlerweile "ultra kurzfristig", erläutert Tourismusexperte Kettner.
Welche Maßnahmen braucht es nun aber, um weitere Schließungen in der Wiener Hotellerie zu verhindern? "Wir sind generell davon abhängig, was Österreich und die Stadt Wien tun", so "Sacher"-Chef Winkler. "Bleiben die Einreisebestimmungen mit 3G-Nachweisen bestehen? Wichtig wird für uns Hoteliers sein, aktives Marketing in den Kernländern zu betreiben." Eine Verbesserung der Buchungslage durch eine Senkung der Zimmerpreise sei für das traditionsreiche Luxushotel neben der Staatsoper jedoch keine Option.
Gestärkt aus der Krise
"Jede Krise hat auch ihre Chancen",
beendet Winkler das Gespräch mit der "Wiener Zeitung" optimistisch. Die notwendigen Schließungen konnten genutzt werden, Bestehendes zu optimieren. "Dadurch traue ich mich zu sagen, dass wir als Hotel und Dienstleister jetzt noch besser qualifiziert sind als vor Corona", meint der "Sacher"-Chef.
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