veröffentlicht auf www.gaultmillau.at am 27.04.2021
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Anfang Mai steht die Saison für rosa leuchtende Kuchen, pinke Limonaden, süß-saure Chutneys und weitere Köstlichkeiten mit Rhabarber.
Was viele dabei aber nicht wissen, ist, dass es sich bei Rhabarber um eine Gemüsepflanze handelt mit einer allerdings sehr fruchtigen und sauren Note. Er weist außerdem einen recht hohen Anteil an Vitaminen auf und besitzt lediglich einen geringen Zuckergehalt, was ihn zu einem wahren Enährungs-Allrounder mutieren lässt. Neben den häufig vorzufindenden rotstileigen Sorten gibt es außerdem grünfleischige Varianten, die mit einem höheren Säuregehalt einhergehen. Während das Gemüse bei dem Einen hohen Anklang und Begeisterung findet, kann sich allerdings so mancher nicht mit dem fasrig saurem Gewächs identifizieren.
So lässt es auch sein engster Bekanntenkreis sehr schnell zu, eine Rhabarber-Pro- und eine Rhabarber-Contra-Seite zu evaluieren. Wir gehören eindeutig der Pro-Gruppe an und können uns gar nicht satt sehen (und essen) an den roten Knöterichgewächsen.
Auch die Vorarlberger Köchin Milena Broger, die sich trotz des noch jungen Alters mit ihrer raffinierten Alpenküche nicht nur im Inland bereits einen Namen gemacht hat, zählt sich zu den Anhängern des roten Saisongemüse. Während sie eigentlich bereits Mitte April gemeinsam mit Ihrem Team ihr neues Projekt, eines eigenen Restaurants (Weiss, Bregenz), starten wollte, machten ihr die Covid-19-Maßnahmen einen Strich durch die Rechnung. Von Motivationsverlust war bei der ehemaligen 2-Hauben-Köchin (Klösterle, Lech) aber keineswegs eine Spur. So verwöhnte Sie die letzten Wochen den Raum um Bregenz herum mit detailverliebten und handwerklich akkuraten Genussboxen, die mit Eingeweckten, selbstgebackenen Brot und eigens produzierten Weiss-Gin die
© Angela Lamprecht
langersehnte Broger-Vorfreude zumindest etwas stillen konnten. Doch nun steht mit dem gestern bekannt gegebenen Beschluss zum Gastronomie-Reopening Mitte Mai einer der wohl spannendsten Restaurantneueröffnungen in Österreich nichts mehr im Wege. Einen konkreten Eröffnungstermin gibt es war noch nicht, laut Broger kann man sich aber auf eine Öffnung im Mai vorbereiten.
Um Ihnen bereits einen kurzen Vorgeschmack auf die junge ambitionierte Regionalküche zu gewähren, nutzten wir die vergangene Woche und sind mit der energiestrotzenden Milena Broger ins Gespräch getreten. Dabei hat sie uns Ihre zwei Lieblingsrezepte mit Rhabarber verraten, die – wie kann es auch anders sein – eine Symbiose mit der Natur und ihren Vorarlberger Wurzeln eingehen.
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Gegrillter Rhabarber mit reduziertem Milcheis, Sig & Tanne
Zutaten für 4 Portionen:
3 Stangen Rhabarber
200 ml Rhabarbersaft
100 g Zucker
Tannenwipferl
eingelegte Tannenwipferl (eingelegt in 3 Teile Essig, 2 Teile Wasser und 1 Teil Zucker)
Tannenöl (200 g Tannennadeln mit 300 g Öl gemixt und über Nacht durch ein Etamin abgeseiht)
Für das Eis mit Sig*:
3 Liter Milch
100 g Zucker
3 Blätter Gelatine
1 Esslöffel Sig
© Erik Pedersen
Für das reduzierte Milcheis die Milch auf kleiner Stufe köcheln bis sie auf 1 Liter reduziert ist. Mehrmals rühren, damit die Milch nicht anbrennt. Die Gelatine in kaltem Wasser einweichen und den Zucker, den Sig und die Gelatine in der reduzierten Milch auflösen. In einen Paco Jet-Becher füllen und frieren oder in der Eismaschine zu Eis rühren. Wenn keine Eismaschine vorhanden ist, kann das Eis auch im Tiefkühlfach unter mehrmaligem Umrühren (alle 20 Minuten) gefroren werden.
Die Rhabarberstangen in 10 cm lange Stücke schneiden und auf ein mit Backpapier belegtes Blech legen. Diese bei 250 Grad Ober-/Unterhitze grillen, bis der Rhabarber sich an der Oberfläche goldgelb verfärbt (ca. 12 Minuten).
Den Rhabarbersaft mit Zucker vermischen und bei geringer Hitze einreduzieren lassen bis ein dickflüssiger Sirup entsteht. Den gegrillten Rhabarber aus dem Backrohr nehmen, mit dem Sirup bestreichen und weitere 5 Minuten im heißen Backrohr karamellisieren. Abkühlen lassen.
Anrichten:
Den Rhabarber auf einem Teller anrichten, einige eingelegte Tannenwipferl darauf platzieren. Das Eis darauf geben und dieses mit frischen Tannenwipferl und dem Tannenöl verfeinern.
++++ dazu passt hervorragend im Glas: ++++
Fermentierter Rhabarbersaft mit Waldmeister und Wodka
Zutaten:
500 ml Rhabarbersaft
200 g Zucker
ca. 10 Zweige Waldmeister
Wodka
Eiswürfel
Rhabarber entsaften und mit Zucker verrühren, den Waldmeister hinzufügen. In einem Einmachglas mit verschlossenem Deckel für den Fermentationsvorgang bei Raumtemperatur ca. 4 Tage stehen lassen. Abseihen und in eine Flasche füllen. 6 cl fermentierter Rhabarbersaft mit 3 cl Wodka vermischen und in ein mit Eiswürfeln befülltes Glas füllen. Nach Belieben mit Sodawasser aufspritzen. Mit einem Waldmeisterzweig garnieren.
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WARENKUNDE: Was ist SIG*?
Nachdem die Molke vom restlichen Eiweiß (Zieger) getrennt wurde, besteht sie überwiegend aus Lactose. Die Molke wird daraufhin für mehrere Stunden bei hoher Hitze gerührt, weiter eingesotten und karamellisiert schließlich. Dabei bleibt eine Art Karamell übrig, das Sig, dessen Konsistenz an Marzipan erinnert. Er wird gerne als Schokoladenersatz verwendet und dient, so wie Molke, als Heilmittel bei Magen-Darm-Beschwerden. Je nach Ort existieren verschiedene regionale Bezeichnungen. Während im Bregenzer Wald von „Wälder Schokolade“ die Rede ist, fungieren im Ländle-Raum auch Begriffe wie „Sieg“ oder „Gsig“, in der Schweiz spricht man dahingegen von „Älplerschokolade“.
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Über Milena Broger:
Geboren wurde Milena Broger in Guatemala, als Dreijährige kehrte sie mit den Eltern zurück in den Bregenzerwald, der Heimat des Vaters. Die Mutter, gebürtige Niederösterreicherin, stammt aus einer Familie, in der das Metzgerhandwerk Tradition hat. Nach einem erfolgreichen Abschluss in einer Hotelfachschule, in welchen sie bereits wertvolle praktische
© Ian Ehm + friends
Erfahrung in nahmhaften Haubenbetrieben wie das Schulhus sammelte, kochte sie in verschiedensten Stationen in Vorarlberg, reiste weiter nach Regensburg zu Haubenkoch Anton Schmaus und übernahm anschließend die Küchenleitung im Sonntagsgasthaus Adler von Irma und Paul Renner, wo es nicht nur ums Kochen, sondern auch um Kunst und das ganze bunte Leben rundum. Im Studium der Kunstgeschichte vermisste die leidenschaftliche Köchin das kulinarische Element, also kehrte sie zurück an den Herd und absolvierte einen schier unaufhaltsamen Weg. Verschiedenste Praktika, zwei davon in Japan, eines in Dänemark, eines in einer heimischen Fleischerei, eine Zeit als Erntehelferin bei der Olivenölproduktion in Italien, eine Zwischenstation als Chef-Entremetier im Almhof Schneider in Lech, zwei Jahre als Küchenchefin des Restaurants Klösterle, ebenso in Lech, in welchem Ihre Küchenleistung im Jahr 2018 von Gault&Millau mit zwei Hauben ausgezeichnet wurde.
Man mag sich bei all diesen Stationen fragen, woher diese Frau nur Ihre Energie nimmt. Doch für Milena Broger ist die Antwort ganz einfach und klar: Natur, Wälder und Wiesen, Heimatliebe und ein bewusster Umgang mit Lebensmitteln sowie eine große Portion Leidenschaft zum Beruf. Ihr Weg ist noch lange nicht zu Ende und so startet sie im Frühjahr 2020 ihr langersehntes Herzensprojekt, ein eigenes Restaurants (Weiss), das sie gemeinsam mit einem kleinen Team in Bregenz leiten wird.
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Anton-Schneider-Straße 5
6900 Bregenz, Österreich
Link zum Originalartikel hier.
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